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24.10.2014, 14:23 Uhr

Energie: Der ewige Traum von der Kernfusion

Münster - Durchbruch oder schöner Traum? Dem US-amerikanischen Rüstungs- und Technologiekonzern Lockheed Martin ist angeblich eine revolutionäre Entwicklung im Bereich der Kernfusions-Energie gelungen. IWR Online hat bei verschiedenen Stellen nachgefragt, wie die Nachricht aus Amerika eingeordnet werden kann.

Auch in die deutschen Medien hat es die Nachricht von Lockheed Martin geschafft. Spiegel Online meldete: „Saubere Energie: US-Rüstungskonzern meldet Durchbruch bei Kernfusion“. Lockheed Martins Kernfusions-Reaktor mit 100 Megawatt (MW) Leistung soll die Größe von zwei mal drei Metern besitzen und ohne Probleme auf einen LKW passen. Doch nicht nur dieses Detail lässt erhebliche Zweifel aufkommen.

Kernfusion: gezähmte Sonnenenergie auf der Erde

Bei der Kernfusion – ein chemischer Vorgang, der auch in der Sonne stattfindet – verschmelzen zwei Atomkerne zu einem neuen Kern. Die Masse des dabei neu entstandenen Kerns ist kleiner als die für die Reaktion verwendeten Kerne. Die fehlende Masse ist die in Energie umgewandelte Materie und kann mit Einsteins berühmter Formel E=mc² berechnet werden. In der Sonne verschmelzen Wassserstoff-Atome zu Helium. Bei der Fusionsreaktion wird solange Energie freigesetzt, bis der Wasserstoff in der Sonne zu Neige geht. Forscher gehen davon aus, das etwa die Hälfte des Brennstoffs in der Sonne aufgebraucht ist.

Bei einem irdischen Fusionsreaktor kommen die beiden natürlich Isotope des Wasserstofffs, das stabile Deuterium und das instabile Tritium zum Einsatz. In dem Reaktor von Lockheed Martin sollen die beiden Wasserstoff-Isotope verwendet werden. Diese verschmelzen unter irdischen Bedingungen am leichtesten bzw. bei niedrigeren Temperaturen als in der Sonne und verbinden sich ebenfalls zu Helium. Außerdem wird ein Neutron freigesetzt, dessen kinetische Energie prinzipiell zur Stromerzeugung eingesetzt werden könnte. Ein Gramm Brennstoff könnte in einem Kraftwerk 90.000 Kilowattstunden (kWh) Energie erzeugen – die Verbrennungswärme von 11 Tonnen Kohle.

Experten: Zwei mal drei Meter Fusionsreaktor auch theoretisch nicht möglich

Laut Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching ist die Vorstellung von einem zwei Mal drei Meter großen, 100 MW starken Reaktor eine schöne Vorstellung, mehr aber auch nicht. Das liegt nach Meinung der Wissenschaftler aus Garching vor allem an der Wärmeisolierung des Plasmas innerhalb des Reaktors. Um eine positive Energiebilanz bei einer Kernfusion zu erreichen, müsse die Wärmeisolierung etwa 50-mal höher sein, als die von Styropor. „Für ein Fusionskraftwerk ist eine Temperatur im Plasma-Zentrum von 100 bis 200 Millionen Grad nötig, während an den Wänden nicht mehr als 1.000 Grad tolerierbar sind. Diese großen Temperatur-Unterschiede im Plasma treiben turbulente Strömungen an, die heiße und kalte Regionen des Plasmas durchmischen, d.h. die wärmeisolierende Wirkung des magnetischen Feldes beeinträchtigen. Dies muss durch ein größeres Volumen ausgeglichen werden. Dabei bestimmt die Stärke des Temperaturabfalls die turbulenten Strömungen und damit die Mindestgröße eines Fusionskraftwerks“, so Professor Dr. Karl Lackner und Professor Dr. Sibylle Günter vom MPI für Plasmaphysik. Jedoch sei in dem vom Lockheed Martin angemeldeten Patent nicht ansatzweise erwähnt, wie dies bei der vorgeschlagenen Konfiguration erreicht werden soll, so die Experten.

IWR: Alle paar Jahre ist Kernfusion in 20 bis 30 Jahren marktreif

Die Meldung von der Marktreife der Kernfusion ist nichts Neues. Immer wieder einmal kommen Nachrichten über den angeblichen Durchbruch und eine in naher Zukunft liegenden Marktreife für diese Technologie. „Seit mehreren Jahrzehnten wird regelmäßig verkündet, die Kernfusion stehe in den nächsten 20 bis 30 Jahren für die kommerzielle Nutzung zur Verfügung. Das ist wie mit dem Fertigstellungstermin des Berliner Flughafens, nur in der XXL-Version“, kommentiert Dr. Norbert Allnoch, Instituts-Direktor des IWR. In den 1950er Jahren hatten Physiker erstmals die Idee, die Kernfusion künstlich herbeizuführen und so Energie zu gewinnen. Seit 2007 forschen Wissenschaftler aus China, Indien, USA, Russland, Japan, Südkorea und der Europäischen Atomgemeinschaft gleichberechtigt an dem in Frankreich befindlichen ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor), um Erkenntnisse im Bereich der Kernfusion mit Deuterium und Tritium zu erlangen.

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