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15.06.2000

Atomausstieg: Historischer Kompromiss

Hans-Josef Fell, Energieexperte und forschungspolitischer Sprecher  Bündnis 90 / Die Grünen, erklärt:

Das drittgrößte Industrieland der Erde und eines der Geburtsländer der Atomenergie steigt aus der riskanten und umweltschädlichen Atomenergie aus. Ohne Bündnis 90 / Die Grünen hätte es den Atomausstieg nicht gegeben. Natürlich sind die vereinbarten Laufzeiten auch aus meiner Sicht sehr lang - bedeuten doch die 32 Jahre Laufzeit immerhin noch eine durchschnittliche Restlaufzeit von ca. 13 Jahren.

Entscheidend ist, dass mit der Vereinbarung zwischen Bundesregierung und den Betreibern keine Garantielaufzeiten für Atomkraftwerde verbunden sind. Höhere Sicherheitstechnische Auflagen haben die Betreiber akzeptiert, indem sie zehnjährigen Überprüfungsperioden zugestimmt haben. Im bestehenden Atomgesetz ist bereits eine dynamische Sicherheitsklausel vorhanden, die die Anpassung von Sicherheitsstandards an den Stand der Technik erfordert. Auch die ökonomischen Bedingungen werden sich für die Atomversorgung verschlechtern. Sicherheitsüberprüfungen und eventuell daraus resultierende Nachrüstungen, neu zu erstellende Zwischenlager, Beendigung der Wiederaufbereitung, Verzehnfachung der Versicherungssumme auf 5 Milliarden DM u. a. werden den Betrieb der Atomkraftwerke verteuern. Ein weiterer Abbau der Privilegien der Atomindustrie ist möglich, wenn auch keine Diskriminierung gegenüber anderen Energieträgern. Daher besteht weiter die Möglichkeit, den Atomausstieg zu beschleunigen. Der fossierte Ausbau der erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung wird mittel- und langfristig Atomstrom verdrängen.

Auch wenn die Freiheit der Forschung im Bereich der Atomenergie in der Vereinbarung zugestanden wurde, bedeutet dies noch lange nicht, dass die Erforschung neuer Reaktorlinien auch aus Bundesmitteln finanziert wird. Wir werden uns weiterhin konsequent gegen die Förderung der Erforschung neuer Reaktorlinien wenden.