Kraftwerksstilllegungen:
Überkapazitätenabbau oder Energiewende?
IWR-Meldungen zum aktuellen Brennpunktthema,
die laufend ergänzt werden:
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13.10.2000 |
EnBW:
Überprüfung der Kraftwerkskapazitäten
Auch die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) überprüft ihre Kraftwerkskapazitäten,
plane aber keine Entlassungen und keine Stillegung des Kernkraftwerks
Obrigheim, verlautete aus dem Energieversorgungsunternehmen. "Auch wir
überprüfen - übrigens ständig - unsere Kraftwerkskapazitäten." Mit diesen
Worten stellte der Vorstandsvorsitzende der EnBW, Gerhard Goll, am Mittwoch
möglicherweise missverständliche Äußerungen seines Unternehmens vom Vortag
klar. "Zwar haben wir schon in der Vergangenheit, und damit früher als
andere, unsere Kapazitäten angepasst und Arbeitsplätze abgebaut - also
bereits das getan, was jetzt bei anderen geschieht", so Goll in einer
Pressemitteilung. "Auch haben wir nicht, wie Wettbewerber, andere Unternehmen
geschluckt und müssen dies jetzt verdauen. Auch gibt es keine Entlassungen
- und keine Stillegung des Kernkraftwerks Obrigheim." "Aber die Äußerung,
unsere Kraftwerke arbeiten durchweg wirtschaftlich, ist dann doch zu pauschal
und wohl in der Begeisterung des Augenblicks geschehen. Wir sind bei Kraftwerksbeteiligungen
nicht überall zufrieden und müssen noch die eine oder andere Konsequenz
ziehen." Abschließend erklärte Goll: "Ich habe Verständnis für die angekündigten
Maßnahmen bei E.ON und RWE und keinen Grund, sie zu kritisieren. Auch
vor schmerzlichen Entscheidungen muss man Respekt haben, wenn sie notwendig
sind." Die EnBW will in Kürze detailliert zu ihrer Kraftwerkssituation
Stellung nehmen. |
13.10.2000 |
Eurosolar:
Verlust an Arbeitsplätzen in Stromwirtschaft durch Mobilisierung erneuerbarer
Energien kompensieren
Als Folge eines notwendigen Abbaus von Überkapazitäten betrachtet
Eurosolar die Tatsache, dass in der Stromwirtschaft bereits 40.000 Arbeitsplätze
verloren gegangen seien. Eursolar geht davon aus, dass auf Grund steigender
Importe von Billigstrom aus Osteuropa der Arbeitsplatzabbau weitergehen
werde. Die einzige Möglichkeit neuer Arbeitsplätze im Energiebereich sei
die Mobilisierung erneuerbarer Energien. Zur Ankündigung der Energiewirtschaft,
nun vermehrt Billigstrom aus dem Ausland zu beziehen, erklärt Eurosolar-Geschäftsführerin
Irm Pontenagel: "Dies ist kein Instrument, Überkapazitäten abzubauen.
Außerdem drängt sich der Verdacht auf, dass damit heimische Energien,
wie sie die erneuerbaren Energien aus Sonne, Wind und Wasserkraft darstellen,
an der Markteinführung gehindert werden sollen." Diesem Signal müsse die
Bundesregierung durch die Anwendung der Reziprozitätsklausel im Rahmen
der Liberalisierung begegnen. |
12.10.2000 |
VDEW:
Stromunternehmen optimieren Kraftwerke
Kooperationen und Fusionen prägen derzeit die Veränderung der deutschen
Strombranche im Wettbewerb, so eine Pressemeldung der Vereinigung Deutscher
Elektrizitätswerke e. V.(VDEW) vom Mittwoch. Die rund 500 deutschen Stromerzeuger
optimieren ihre Kraftwerke, so der VDEW. In Deutschland zählten zum Kraftwerkspark
der Stromunternehmen Ende 1999 sehr unterschiedliche Anlagen mit einer
Netto-Leistung von insgesamt knapp 100 000 Megawatt. Wichtiges Ziel der
Stromunternehmen sei die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit im liberalisierten
Strommarkt. Diesem Ziel diene sowohl die Steigerung des Wirkungsgrades
einzelner Anlagen als auch die Stillegung oder Konservierung von Kraftwerksleistung.
Die Verbraucher würden daher im Wettbewerb von drastisch gesunkenen Strompreisen
profitieren. Diese Erfolge würden allerdings zunehmend durch staatliche
Sonderlasten wie die Öko-Steuer oder das Erneuerbare-Energien-Gesetz vernichtet.
Gründe für Stillegungen von Kraftwerken, so VDEW-Angaben, sind: Der Strommarkt
ist - anders als zum Beispiel der Telekommunikationsmarkt - kein Wachstumsmarkt.
Jedes Unternehmen prüft individuell seine Kraftwerke und optimiert sie.
Eine aktuelle Branchenübersicht dazu liegt zur Zeit noch nicht vor. Generell
gilt: Bei Fusionen und Kooperationen fällt die notwendige Kraftwerksreserve
deutlich geringer aus als zuvor bei der Summe der Einzelunternehmen. In
der Vergangenheit plante jedes Unternehmen seine Kraftwerkskapazitäten
am oberen Rand der erwartbaren Bedarfsentwicklung. Im liberalisierten
Markt muss stärker zwischen Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit
abgewogen werden. Die angekündigten Stillegungen von Kraftwerkskapazitäten
werden die Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland nicht gefährden,
so die Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke. Traditionell habe Deutschland
eine weltweit überdurchschnittliche Versorgungssicherheit. Diese werde
jetzt auf ein geringeres, aber immer noch sehr zuverlässiges Niveau zurückgefahren.
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12.10.2000 |
Strommarkt: Kraftwerksstillegungen
nicht dramatisieren
Die aktuellen
öffentlichen Diskussionen um die Kraftwerksstillegungen sind völlig
überzogen, teilte das Internationale Wirtschaftsforum Regenerative Energien
(IWR) in Münster mit. So stehen den Stillegungen alter Kraftwerke auch
zukünftige Neubauten und Erweiterungen gegenüber. Die Vereinigung Deutscher
Elektrizitätswerke - VDEW - gibt mit Stand Juli 2000 an, dass die Stromversorger
planen, Kraftwerke mit einer Leistung von 3.600 Megawatt zwischen den
Jahren 2000 und 2003 neu in Betrieb zu nehmen. Die gesamte Kraftwerksleistung
in Deutschland beläuft sich derzeit noch immer auf rd. 100.000 Megawatt
(MW). Dagegen betrug die bisher tatsächlich benötigte Höchstleistung
(im Winter 1994/95) lediglich ca. 60.000 Megawatt. Insofern ist es trotz
der geplanten Stillegungen aus reinen Kapazitätsgründen nicht erforderlich,
mehr Strom aus dem Ausland zu importieren, so das IWR. Die deutsche
Stromhandelsbilanz (Import und Export) ist seit Jahren weitgehend ausgeglichen.
"Die Stillegung alter Kraftwerke geht vorwiegend auf die fusionsbedingt
entstehenden Synergieeffekte zurück, sagte IWR-Leiter Dr. Norbert Allnoch.
"Zwei selbständige Stromerzeuger müssen jeweils ihre eigenen Reserve-Kraftwerksleistungen
vorhalten, während z.B. nach einer Fusion wie bei RWE/VEW oder Veba/Viag,
jetzt E.ON, entsprechende Vorhaltekosten eingespart werden können",
so Allnoch. Allerdings werden auch in Zukunft z.B. durch den Zubau regenerativer
Anlagen und die stärkere KWK-Nutzung entsprechende Kapazitätsanpassungen
bei den konventionellen Kraftwerken erforderlich. So hat die Windenergiekapazitität
in Deutschland mittlerweile die 5.000 Megawatt-Marke deutlich überschritten.
Insgesamt werden durch den regenerativen Anlagen- und Systembau (Herstellung
und Produktion regenerativer Anlagen wie Wind- und Solaranlagen) in
Deutschland mittlerweile rd. 28.000 Arbeitsplätze gesichert.
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12.10.2000 |
SPD nicht von Kraftwerksstilllegungsplänen
überrascht
Für den energiepolitischen
Sprecher der SPD-Bunestagsfraktion, Volker Jung, kommen die Pläne zur
Stilllegung von Kraftwerken der beiden größten deutschen Energieversorger
E.ON und RWE nicht unerwartet, sondern sind das Resultat verschiedener
Ursachen und Motive, die Jung wie folgt benennt: "Erstens sind sie die
Folge der in den Jahrzehnten der Energie-Monopole aufgebauten Überkapazitäten.
Die jetzt bekanntgegebene Größnordnung von mindestens zehn Prozent wurde
von uns oft kritisch angeführt, jedoch noch bis vor kurzem von Seiten
der Unternehmen vehement bestritten. Diese Überkapazitäten wurden über
Jahrzehnte auf Kosten der privaten Stromverbraucher aufgebaut, die sie
über ihre Stromrechnungen finanziert haben. [..] Zweitens sind diese
Stilllegungen auch Auswirkungen der Fusionen und des von uns vorausgesagten
Konzentrationsprozeses auf dem Energiemarkt, der im Übrigen die mit
den Liberalisierung beabsichtigte Wettbewerbsintensität mittelfristig
wieder reduzieren wird. Zunehmend wird Europa und das außereuropäische
Ausland zur wesentlichen Aktionsbühne der Unternehmen. Damit gerät auch
der bislang relativ gesicherte Standort Deutschland mehr und mehr unter
Druck. Die im Zuge der Fusionen heraufbeschworenen Synergieeffekte erweisen
sich in der Praxis oft überwiegend als Kostenreduzierung durch Kraftwerksschließung
und Arbeitsplatzabbau. Dies ist leider nicht neu, aber nun in einer
bislang noch unbekannten neuen Qualität zu beobachten. Und schließlich
ist für die jetzigen Verwerfungen am Markt der übergangslose Öffnungsprozess
des deutschen Energiemarktes verantwortlich, der [...] uns in eine sehr
ungünstige Wettbewerbsposition in Europa brachte. Deutschland als Europas
größter Energieproduzent und größter Energieverbaucher ist im Vergleich
zu vielen seiner Nachbarn und Konkurrenten, insbesondere zu dem nur
sehr restriktiv geöffneten und immer noch stark vom Wettewerb abgeschotteten
Frankreich, eindeutig im Nachteil. Der deutsche Alleingang unter Verzicht
auf die Einführung einer wirksamen Gleichwertigkeit der Marktöffnung
im Energiewirtschaftsgesetz wirkt sich nun auch für die Beschäftigten
der Kraftwerke negativ aus. Hier setzt sich ein Trend fort, der bereits
im Vorgriff auf die Liberalisierung der Elektrizitätsmärkte den Abbau
von etwa 60.000 Arbeitsplätzen in den 90er Jahren zur Folge hatte."
Die gegenwärtigen Entwicklungen auf dem Strommarkt bestärken die SPD
in ihrem Bemühen um eine effektive einheimische Stromerzeugung, inkl.
der Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung, machte Jung zudem deutlich.
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11.10.2000 |
Trittin hebt Arbeitsmarkteffekte
der angestrebten Energiewende hervor
Im Zusammenhang
mit der Abschaltung des Atomkraftwerkes Stade hat Bundesumweltminister
Trittin darauf hingewiesen, dass der gezielte Aufbau regenerativer Energien
und die Förderung effizienter Kraftwerkstechnologie für zukunftsfähige
Ersatzkapazitäten sorgen wird. "Allein der von der Bundesregierung angestoßene
Zuwachs an installierter Windenergie-Leistung von 1.600 Megawatt im
Jahr 1999 übertrifft die Nennleistung von Stade um ein Mehrfaches,"
machte Trittin deutlich. Für die Zukunft kommt es nach Trittins Worten
noch mehr darauf an, Strom aus regenerativen Quellen mit Strom aus hocheffizienten
Gas- und Dampfkraftwerken (GuD) zu kombinieren, um AKW-Leistung auch
unter Kostenaspekten ersetzen zu können. Nachdrücklich wies der Minister
überdies auf die Arbeitsmarkteffekte der angestrebten Energiewende hin.
Untersuchungen zeigten, dass von der Umstrukturierung der Energieversorgung
mittel- und langfristig massive Arbeitsplatzeffekte ausgehen. Wie das
Bundesumweltministerium mitteilt, schätzt die Prognos AG das Potenzial
auf 155.500 Arbeitsplätze innerhalb der nächsten fünf Jahre und auf
weitere 195.000 Arbeitsplätze bis zum Jahr 2020.
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10.10.2000 |
E.ON will 4.800 MW an
Kraftwerksleistung vom Netz nehmen
Die E.ON Energie
AG wird nach eigenen Angaben rund 4.800 MW ihrer 30.000 MW installierten
Kraftwerksleistung vom Netz nehmen. Wie das Unternehmen deutlich machte,
soll dies überwiegend im Jahr 2001 geschehen. Erfolgt sei die Entscheidung
vor dem Hintergrund bestehender Überkapazitäten im liberalisierten deutschen
und europäischen Strommarkt, wie schon gestern von Stromtarife.de berichtet.
Dieser Angebotsüberhang hätte dazu geführt, dass der auf dem Markt erzielbare
Erlös inzwischen oftmals niedriger als die Erzeugungskosten der einzelnen
Kraftwerksblöcke sei. Von der Stilllegungsentscheidung seien diejenigen
Kraftwerke betroffen, die zu heutigen und auch mittelfristig abschätzbaren
Strompreisen mit Verlusten produzierten. Bei den für die endgültige
Stilllegung vorgesehenen Anlagen handele es sich um die Blöcke 5 und
7 des Kraftwerks Arzberg, die Blöcke 21 und 31 des Kraftwerks Aschaffenburg,
die Blöcke 1 und 2 des Kraftwerks Franken II, 400 MW der Kraftwerksgruppe
West im Ruhrgebiet, Block C des Kraftwerks Offleben und Block D des
Kraftwerks Schwandorf. Das Kernkraftwerk Stade soll im Jahr 2003 stillgelegt
werden. Bezogen auf die letzten 12 Monate verringere sich die erzeugte
Strommenge damit in Niedersachsen um 6.800 GWh, in Bayern um 5.000 GWh,
in Hessen um 1.300 GWh und in Nordrhein-Westfalen in vergleichbarer
Höhe, erklärte E.ON. Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen wird über
einen Zeitraum von zehn Jahren per Saldo eine Verbesserung des Betriebsergebnisses
von rund 1,4 Milliarden DM erwartet. Hans-Dieter Harig, Vorstandsvorsitzender
der E.ON Energie, wies darauf hin, dass der Stilllegungsdruck in Deutschland
zusätzlich verstärkt wird durch die energiepolitischen Rahmenbedingungen.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das Kraft-Wärmekopplungs-Vorschaltgesetz
sowie das geplante Kraft-Wärmekopplungs-Gesetz führen nach Ansicht von
Harig dazu, dass zusätzliche, für die Stromversorgung nicht benötigte
Kraftwerksleistung mit staatlichen Subventionen gebaut wird. Damit werden
laut Harig künftig weitere effiziente und vergleichsweise umweltschonende
Kraftwerke aus dem Markt gedrängt und
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09.10.2000 |
E.ON
schaltet Kraftwerke ab
Der Stromkonzern
E.ON will nach einer Meldung der Kölner Rundschau Kraftwerke stilllegen.
Die Pläne würden in den kommenden Wochen bekannt gegeben, so eine Eon-Sprecherin.
E.ON-Vorstandschef Hans-Dieter Harig habe der "Financial Times" gesagt,
von Schließungen seien alle Kraftwerkstypen betroffen, auch Atomkraftwerke.
Hintergrund für die Pläne seien Überkapazitäten am deutschen Strommarkt.
Die Überkapazitäten in Deutschland werden auf 10 000 Megawatt geschätzt,
was der Leistung von zehn Großkraftwerken entspricht, so die Kölner Rundschau.
Wie viele und welche Blöcke vom Netz gehen werden, werde noch geprüft. |